Die Förderkartei zur Prävention von Rechenstörungen bei Grundschülern

Die Förderkartei Mathematik „begreifen“

Hier wollen wir zwei Förderkarteien vorstellen, die geeignet sind, Rechenstörungen bei Kindern vorzubeugen. Unsere Förderkartei 1 und  Förderkartei 2 richten sich an Lehrer bzw. Förderlehrer, die mit einzelnen Kindern oder in Kleingruppen arbeiten.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Förderkarteien bieten…

…den Lehrern eine Anleitung, rechenschwache Kinder frühzeitig in ihrem Lernen zu unterstützen um tiefgreifenden Rechenstörungen vorzubeugen.

…den Schülern Aufgaben, die sie zur Verbalisierung mathematischer Fähigkeiten befähigt und ihnen auf enaktiver, symbolischer und ikonischer Ebene helfen, mentale Vorstellungen von mathematischen Zusammenhängen zu entwickeln.

…Vorschläge für konkretes Material, das dazu geeignet ist, bei den Schülern eine sinnvolle Zahlvorstellung zu festigen und sie beim Einüben und Verinnerlichen von Rechenstrategien zu unterstützen.

 

Kompetenzorientierung

Die grundlegenden Kompetenzen der Arithmetik im 1. und 2. Schuljahr bilden die Struktur der beiden Förderkarteien. Sie sind für die Hand des Lehrers bzw. Förderlehrers gedacht, der kleine Schülergruppen oder einzelne Schüler individuell fördern möchte. Immer eine Karte der Förderkartei bietet Aufgabenstellungen für die Einzel- oder Partnerarbeit, die von einem Erwachsenen angeleitet werden muss.

Ein Kompetenzraster mit den wichtigsten Kompetenzen im Zahlenraum bis 20 (Abb.1) und Zahlenraum bis 100 (Abb.2) gibt dem Lehrer jeweils einen Überblick und hilft ihm genau die Aufgaben herauszusuchen, die der Schüler braucht, um seine Rechenschwäche zu überwinden.

(Kompetenzraster aus Förderkartei 1, Abb. 1)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

(Kompetenzraster aus Förderkartei 2, Abb. 2)

 

Das Kompetenzraster aus der jeweiligen Förderkartei ermöglicht es dem Unterrichtenden, einen individuellen Förderplan zu erstellen und den Lernprozess des einzelnen Schülers unter „Ziele im Zahlenraum bis 20“ (Abb. 3) bzw. „Ziele im Zahlenraum bis 100“ (Abb.4) zu dokumentieren. Den Schülern ermöglicht die Übersicht über die Ziele  ihren Lernfortschritt nochzuvollziehen und kleine Erfolge zu verbuchen.

 

Abb. 3
Abb. 4

 

 

 

 

 

 

 

Handlungsorientierung

Für alle Kinder, nicht nur für Kinder mit besonderem Förderbedarf, ist es wichtig, dass im Mathematikunterricht das Verständnis für die Struktur des Zahlenraums und des Zahlensystems durch Handlungen gewonnen werden und die Rechenoperationen handelnd an geeigneten Materialien erlernt werden. Wilhelm Schippers Ansatz, den er in seinem Aufsatz „Lernschwierigkeit erkennen – verständnisvolles Lernen fördern“ überzeugend darstellt, sind wir mit unserer Kartei gefolgt:

„Mentale Operationen sind im Piaget´schen Sinne Verinnerlichungen von Handlungen.“

Folgt man diesem theoretischen Ansatz, dann müssen die von den Kindern durchgeführten Handlungen strukturell mit den angestrebten Kopfrechenstrategien übereinstimmen. Das bedeutet konkret, dass für die Erarbeitung von Rechenstrategien solche Materialien auszuwählen sind, die Handlungen erlauben bzw. gar nahelegen, die zu operativen Strategien des Rechnens führen.“ (W.Schipper, Materialkommentar zur Rechenkartei. S.1 )

Alle Schüler sollten mindestens einen Rechenweg handelnd ausführen können, um Sicherheit zu erlangen. Darauf aufbauend lassen sich dann Alternativen oder Rechenvorteile diskutieren.

Die Anschauungsebenen

enaktiv – ikonisch – symbolisch

Beim Rechnen werden in unserer Kartei alle Rechenoperationen handelnd (enaktive Ebene) ausgeführt.

Ein Beispiel aus der Förderkatrei 1 Mathematik „begreifen“ im Zahlenraum bis 20:

Aufgabe  8 + 4 (Plusaufgabe mit Zehnerüberschreitung, Additionsstrategie1: Schrittweise addieren):

Zuerst werden 8 Würfel auf die obere Reihe des Zwanzigerbrettes gelegt und darunter 4 Würfel. Nun wird der Zehnerübergang und die nötige Zerlegung für den Schüler sichtbar. Zwei Würfel fehlen bis zum vollen Zehner. Deshalb werden zwei Würfel aus der unteren Reihe in einem Rutsch zu den 8 Würfeln verschoben. Der Schüler sieht in der oberen Reihe 10 Würfel in der unteren 2 Würfel, was ohne Zählen als ein Zehner und zwei Einer also als 12 zu erkennen ist.

Erst wenn die Schüler eine Rechenoperation handelnd „begreifen“, können sie diese dann auf der bildlichen Ebene (ikonische Ebene) nachvollziehen und später auf der symbolischen Ebene rechnen, weil sie eine Vorstellung davon haben, wie die Rechenoperation handelnd geschehen würde.

Rechenhandlungen sind nicht nur für schwächere Rechner sinnvoll, sondern für alle Schüler, weil sie bei schwierigeren Aufgaben, besonders im Sachrechnen und bei Knobelaufgaben flexibel zwischen den drei Ebenen (enaktiv – ikonisch – symbolisch ) hin und her wechseln müssen.

Die Schüler sollten nicht zu früh zum Rechnen auf der symbolischen Ebene gedrängt oder verführt werden. Rechenoperationen sollten immer wieder mit Material durchgeführt werden bis diese von den Schülern so sicher beherrscht werden, dass sie dieselbe Handlung verdeckt (mit Tuch abdecken) am Material durchführen können, bevor ganz auf das Material verzichtet werden kann. Die Schüler erhalten so die Möglichkeit sich schrittweise vom Material zu lösen und es bei Bedarf unter dem Tuch immer noch zu ertasten. Auf diese Weise entwickeln sie eine Vorstellung vom Material und werden dazu angehalten die konkrete Handlung abstrakt in der Vorstellung nachzuvollziehen.

Die Arbeitshefte der Reihe Friedolin ermöglichen es den Schülern die erlernten Kompetenzen in selbstständigen Arbeitsphasen zu fetsigen. Die Übungen der Friedolin-Hefte sind ikonische und symbolische Übungen zu den einzelnen Kompetenzen aus der Förderkartei 1. Die Friedolin-Hefte stehen im Seiten-Menü unter „Aktuelle Downloads“ zum kostenlosen Herunterladen bereit.

Sprachförderung

Jede Handlung sollte verbal begleitet werden.  „Die Aufgabe heißt 8 + 4. Ich lege 8 Würfel auf das Zwanzigerbrett. Dann lege ich 4 Würfel dazu. Ich schiebe 2 Würfel zu den 8 Würfeln rüber, so dass ich einen vollen Zehner habe. Nun sehe ich, dass es 12 Würfel sind. 8 + 4 sind gleich 12.“

Für alle Schüler, ganz besonders aber für die Migrantenkinder, ist es bedeutsam mathematische Handlungen auch sprachlich ausdrücken zu können, um eine mathematische Begrifflichkeit zu erwerben und Rechenwege und Beobachtungen versprachlichen und diskutieren zu können.

 

Automatisierung

Eine wichtige Zielsetzung unserer Kartei ist, dass die Kinder eine Rechenoperation handelnd mit Material richtig auszuführen können, um die Struktur des Zahlensystems, mathematische Zusammenhänge und Rechenoperationen zu „begreifen“.

Für einen erfolgreichen Mathematikunterricht ist es zudem enorm  wichtig, dass die Kinder bestimmte Aufgaben auch im Kopf lösen können.

Für diese Automatisierung liegen Rechenkärtchen in Form von Fitness-Kärtchen zum eigenen Üben und Lernen vor. Wie lange ein Schüler die Unterstützung des Materials benötigt, wird sicherlich von den individuellen Fähigkeiten jedes einzelnen Kindes abhängig sein und liegt in der Entscheidung des Lehrers.

 

Fitness-Kärtchen: Plusaufgaben mit Zehnerüberschreitung, Additionsstrategie 1, Schrittweise addieren.